Rückblick auf die Fachtagung „Fahrdienstgesellschaften“

Die unterschiedlichsten Aspekte des Einsatzes von Fahrdienstgesellschaften standen Ende März in Hannover im Fokus. Die Fachtagung „Fahrdienstgesellschaften – ein Patentrezept?“ nutzten rund 30 Führungskräfte aus Verkehrs-Unternehmen im gesamten Bundesgebiet zum intensiven Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Da Fahrdienstgesellschaften mittlerweile fast flächendeckend die betrieblichen Bereiche öffentlicher Verkehrsunternehmen prägen, stießen die thematisch fokussierten, aber inhaltlich breit angelegten Themen der kompakten Ein-Tages-Veranstaltung auf großes Interesse.

Nach einem Marktüberblick über die verschiedenen Hintergründe und Konstellationen von Fahrdienstgesellschaften in den einzelnen Bundesländern, wurde von Herrn Tobias Harms, Bereichsleiter Betrieb und Fahrzeuge der Augsburger Verkehrsgesellschaft mbH, das aktuelle Fahrdienstgesellschaft-Projekt der Augsburger Verkehrs-Service GmbH (ASG) vorgestellt.

Im Anschluss daran gingen die beiden Anwälte Dr. Lorenz Wachinger (BBG und Partner) und Ralf-Dietrich Tiesler (Wirtschaftskanzlei MENOLD BEZLER Rechtsanwälte) in Kurzreferaten auf die neuesten beihilfe-, vergabe- und arbeitsrechtlichen Entwicklungen und deren Einfluss auf die künftige Ausgestaltung von Fahrdienstgesellschaften ein. Insbesondere die unterschiedlichen Einschätzungen möglicher Konsequenzen aus der Eigenerbringungsregel der EU-Verordnung 1370 und aus neuen rechtlichen Rahmenbedingungen für Personalüberlassungen führten zu einer lebendigen, teilweise auch kontrovers geführten Diskussion.

Einen großen Raum nahm dabei auch die Frage ein, in welchem Maße die Arbeitsprozesse rund um Fahrdienstgesellschaften in die Mutterkonzerne integriert oder besser bewusst getrennt vom Mutterunternehmen organisiert werden sollten.

Bei der Diskussion der wirtschaftlichen Steuerung und Bewertung standen die Fragen im Mittelpunkt, inwieweit es sinnvoll ist, die Vergütungsmodelle der Fahrdienstgesellschaften mit denen der klassischen Subunternehmer vergleichbar zu machen, und wie das Unternehmensergebnis der Fahrdienstgesellschaften ausgesteuert werden kann und sollte. Dabei wurden insbesondere auch die Vor- und Nachteile der Beteiligung privater Partner deutlich.

Keine trockenen Zahlen sondern zwischenmenschliche Themen wie „Umgang mit einer Zweiklassengesellschaft“, „Motivation durch Identifikation“ und „Bekenntnis zur eigenen Fahrdienstgesellschaft“ sowie die Rolle von Corporate Identity, Status, Symbolik und Ritualen prägten die anschließenden Referate von Herrn Dirk Bögershausen, Geschäftsführer der Reisedienst Maaßen GmbH und Elba Omnibusreisen GmbH, und Herrn Richard B. v. Juterzenka-Prochaska, Geschäftsführer der C.M.T. GmbH, zum Aspekt Unternehmenskultur. Sie machten klar, dass der Erfolg von Fahrdienst-Gesellschaften ganz entscheidend davon abhängt, ob es gelingt, trotz unterschiedlicher Vergütungsniveaus gefühlte Unterschiede zwischen den Belegschaften der Mutterunternehmen und der Fahrdienstgesellschaften möglichst zu reduzieren oder – umgekehrt – die neuen Gesellschaften bewusst dafür zu nutzen, eine eigene, identitätsstiftende Unternehmenskultur aufzubauen. Übereinstimmend haben die Teilnehmer festgestellt, dass eine transparente, breite Kommunikation im Gesamtkonzern über Sinn und Zweck eines neuen Tochterunternehmens und ein klares Bekenntnis zu diesem für beide Ansätze unverzichtbar sind.

In der Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass Fahrdienstgesellschaften keineswegs in das strategische Abseits geraten sind, sondern auch künftig ein unverzichtbares Instrumentarium für die öffentlichen Verkehrsunternehmen darstellen. Gründe dafür sind in erster Linie die weiterhin bestehenden Unterschiede in den zahlreichen verschiedenen Tarifverträgen sowie die Notwendigkeit, personalstrategische Handlungsoptionen offen zu halten und Restrukturierungsanreize zu setzen. Auch eine Renaissance von Privatisierungsprojekten über die Gründung von Fahrdienstgesellschaften als PPP-Modelle wurde von einigen Teilnehmern prognostiziert.

Dr. Knut Petersen und Klaus Emmerich, die seitens der BSL Transportation Consultants die Tagung gestaltet haben, konnten sich darüber freuen, dass ein hochkarätiger Teilnehmerkreis die Veranstaltung intensiv genutzt hat, um sich zu diesem bedeutenden Themenkomplex umfassend und auf fachlich hohem Niveau auszutauschen. „Die zahlreichen positiven Rückmeldungen ermutigen uns, das Ziel, erster Ansprechpartner für die relevanten Fragestellungen der ÖPNV-Branche zu sein, konsequent weiterzuverfolgen. Dazu werden wir diese Art der Fachdiskussion als neues Seminarformat in Ergänzung zu unserem jährlichen Kundenforum weiter verfolgen und entsprechend der zahlreichen Vorschläge kontinuierlich ausbauen und verbessern“, so die beiden Partner der Gesellschaft.

Bestehen auch in Ihrem Unternehmen Überlegungen zur Einführung oder Weiterentwicklung von Fahrdienstgesellschaften? Sprechen Sie dazu gerne mit ► Carsten Keuch.

Alle Vorträge der Fachtagung können von den Teilnehmern der Veranstaltung in Kürze hier heruntergeladen werden (kennwortgeschützt).
Das Programm der Fachtagung kann ► hier heruntergeladen werden.

 

30. März 2011