Vom 11. – 15. Oktober fand der ITS World Congress in Hamburg statt – unsere Kollegen Hendrik Koch, Johannes Brüning und Max Kubisch waren am 12. Oktober auf dem Messegelände unterwegs.
Der diesjährige „Weltkongress für intelligente Transportsysteme“ fokussierte sich auf technische Lösungen für die Mobilitätswende. Dementsprechend hoch war die Dichte an Ausstellern mit Geschäftsmodellen im Bereich autonomer Fahrzeugkonzepte. Das Angebot reichte von Automotive (mobilEye, MOIA/VW, verschiedene OEM, ZF) über DLR bis zur HOCHBAHN und konnte teilweise sogar selbst getestet werden (Projekt HEAT in der HafenCity).
Autonomes Fahrzeugkonzept des DLR
Diese Fahrzeugkonzepte sind ein wichtiges Puzzlestück auf dem Weg zu zukünftig vollautonom operierenden On-Demand-Angeboten, einem Schwerpunkt des Kongresses. Etablierte Anbieter wie DB Ioki und MOIA waren dementsprechend sehr präsent.
Ebenso prominent präsentierte sich die Deutsche Bahn mit ihrem „Ideenzug“. Diese Konzeptstudie sorgte in den letzten Jahren schon häufiger für öffentliche Aufmerksamkeit. Besonders spannend ist, dass einzelne Ansätze des Ideenzuges sukzessive auch in der Praxis umgesetzt werden. Dabei bieten die im Rahmen des Ideenzuges umgesetzten Konzepte nicht nur Impulse für eine kundenorientierte Fahrzeuggestaltung im SPNV, sondern auch für Busse und Straßenbahnen.
„Mobility as a Service“ (MaaS) als ein mögliches Produkt auch auf Basis autonom betriebener Flotten ist bereits seit einigen Jahren ein Trendthema in der Mobilität und hat entsprechende Beachtung im Rahmen des Kongresses und verschiedener Panels gefunden. Die Frage nach nachhaltigen Geschäftsmodellen wird aktuell intensiver geführt denn je und der Kongress zeigte einmal mehr, dass diese Frage noch nicht final beantwortet werden kann.
„HEAT-Shuttle“ der HOCHBAHN in der HafenCity
Internationale Aufmerksamkeit genoss die Premierenfahrt der von SIEMENS sowie der Deutschen Bahn entwickelten und weltweit ersten vollautomatisch fahrenden S-Bahn außerhalb eines geschlossenen Systems, wie es beispielsweise U-Bahnen nutzen. Mittels der Technologie „ATO over ETCS“ lässt sich theoretisch jeder heute konventionell gesteuerte Zug zukünftig automatisch fahren – und das sogar mit kürzerer Zugfolge. Dieses Beispiel verdeutlich das enorme Potenzial der Digitalisierung im Öffentlichen Verkehr. In diesem Fall: Mehr Angebot ohne neue Schienen.
Liveübertragung der Fahrt einer vollautomatischen S-Bahn
Die Nutzung von Daten war ein weiteres Hauptthema. Mittels Mobilitätsdatenanalysen lassen sich bereits heute Verkehrsangebote optimieren. Die vertiefende Markt- und Kund*innenanalyse entfaltet zunehmend ihr Potenzial und wird bereits kreativ für Angebote genutzt, beispielsweise werden Fahrgäste für ihr nachhaltiges Mobilitätsverhalten belohnt (DB Rad+, Klima-Taler etc.).
Wie diese Daten perspektivisch noch besser genutzt werden können, beschäftigt neben diversen Start-Ups und Unternehmen auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Letzteres stellte auf der Messe den „Mobility Data Space“ vor, eine Data Sharing Community für alle Akteure der Mobilität. Diese Datenplattform bietet Mobilitätsanbietern einerseits die Chance, ihre Daten zu kommerzialisieren, und anderseits die Möglichkeit, Daten anderer Anbieter zu nutzen und maßgeschneiderte Mobilitätsangebote zu konzipieren.
Unserer Überzeugung nach werden die Potenziale von Mobilitätsdaten im ÖPNV bei Weitem nicht ausgeschöpft und so besteht die Gefahr, dass der öffentliche Verkehr in diesem zukunftsträchtigen Feld den Anschluss verliert. Die Datenaufbereitung und -auswertung in „fremde Hände“ zu geben, könnte zumindest eine kurzfristige Lösung darstellen.
Mit einigen Podiumsveranstaltungen, Panels, Workshops und Demonstrationen wurde die Ausstellung abgerundet, in denen der „Blick auf das Große und Ganze“ der Mobilitätswende geprobt, allerdings noch nicht abschließend gefestigt werden konnte. Hier sind weitere Diskussionen innerhalb der Politik, Gesellschaft und letztendlich der Branche notwendig, um die Mobilität der Zukunft nicht nur zu technisieren, sondern auch nachhaltig umzugestalten.
Panel zur „Mobilität im Wandel – der ÖPNV der Zukunft. Jetzt.“
Unser Fazit: Sehr viele relevante und innovative Ansätze zur Optimierung und Weiterentwicklung der Angebote im Bereich ÖPNV und nachhaltiger Mobilität. Es wurde aber auch wieder deutlich, dass es an vielen Stellen einen neuen ordnungspolitischen Rahmen und weitere Anreize zur Förderung neuer Angebote bedarf. Innovative Technologie ist nur ein Baustein auf dem Weg zur Mobilitätswende.
26. Oktober 2021