BSL prüft kommunale Bauhöfe

Die Vorhaltung eines eigenen Bauhofes ist keine kommunale Pflichtaufgabe. Trotzdem unterhalten die meisten Städte und Gemeinden Bauhöfe. Sie erfüllen als zeitlich und inhaltlich flexible Einheit eine Vielzahl gewerblicher Aufgaben. Da Bauhofleistungen auch von privatwirtschaftlichen Unternehmen angeboten werden, besteht für die Kommunen in der Regel ein hoher Druck, die Wirtschaftlichkeit der eigenen Bauhöfe nachzuweisen.

Der Hessische Rechnungshof (HRH) prüft in regelmäßigen Abständen die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerbringung durch kommunale Einrichtungen im Rahmen benchmarkorientierter „Vergleichender Prüfungen“. Im Jahr 2015 beauftragte der HRH BSL Managementberatung und BSL Transportation Consultants mit der Vergleichenden Prüfung „Bauhöfe III“, in der 20 kommunale Bauhöfe in Hessen einer Organisationsuntersuchung unterzogen wurden. Das Projekt fand im Zeitraum 2015 bis Ende 2017 statt.

Die Prüfung gliederte sich in die Entwicklung des Prüfdesigns, eine Pilotprüfung bei zwei Bauhöfen, die Evaluation des Prüfdesigns und daran anschließend die Hauptprüfung der übrigen 18 Bauhöfe.

Den in die Organisationsuntersuchung einbezogenen Bauhöfen wurden vor Durchführung der Einzelprüfungen einheitliche Erhebungsbögen zugesandt. Mit den Erhebungsbögen wurden die Aufgaben, der zu betreuende Anlagenbestand (z. B. Umfang der Grünflächen, Länge des Straßennetzes), die quantitative und qualitative personelle Ausstattung sowie der Fahrzeug- und Maschinenpark erhoben.

Nach Auswertung und Strukturierung der Erhebungsergebnisse erfolgten die örtlichen Erhebungen. Diese umfassten im Wesentlichen die Besichtigung der baulichen Infrastruktur, Vor-Ort-Begehungen des zu unterhaltenden Anlagenbestands, Inspektionen des Fahrzeug- und Maschinenparks, Auswertung der Arbeitsdokumentation und der Betriebsab­rechnungen.

„Ich habe nach Abschluss der Vergleichenden Prüfung als Externer die Geschäftsführung des Zweckverbands Kommunaler Bauhof Lahntal-Wetter-Cölbe übernommen. Die Ergebnisse der Prüfung waren ein wichtiger Baustein, um schnell einen aussagekräftigen Überblick über den Betrieb zu erhalten.“
Roland Tober, Geschäftsführer des Zweckverbands Kommunaler Bauhof Lahntal-Wetter-Cölbe

Die Erhebungen ergaben eine hohe Heterogenität der Bauhöfe. Dies betraf sowohl die Aufgaben­struktur als auch die Art der Aufgabenwahrnehmung und Standards in den einzelnen Aufgabenfeldern. So variierte beispielsweise der zu pflegende Grünflächenbestand zwischen einfachem Straßenbegleitgrün und Parkanlagen mit umfassender Wechselbepflanzung.

Auch hinsichtlich der Personalstruktur sowie des Fahrzeug- und Maschinenparks wiesen die beteiligten kommunalen Bauhöfe große Unterschiede auf. Dies stellte für die Bildung aussagekräftiger Benchmarks, insbesondere für die Ableitung von Ergebnisverbesserungspotenzialen, eine besondere Herausforderung dar. Der Kennzahlenvergleich wurde deshalb mehrdimensional durchgeführt:

    • Für die Kernprodukte Straßenunterhaltung, Winterdienst, Grünpflege, Friedhofsbetrieb, Spielplatzpflege und Wirtschaftswegeunterhaltung wurden Output-bezogene spezifische Produkt­kennzahlen (z. B. Aufwand je km Gemeindestraße oder Aufwand je m² Grünfläche) gebildet. Sie wurden für die auf einem Aufwandsvergleich basierende Potenzial­analyse innerhalb der verglichenen Bauhöfe (Benchmarkkreis) herangezogen.

 

    • Um Ursache- und Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen, wurden Strukturkennzahlen ermittelt (z. B. Siedlungs- und Verkehrsfläche je Einwohner, Grünfläche je Einwohner, Spielplatzfläche je Spielgerät oder Länge der Wirtschaftswege im Verhältnis zur Gemeindefläche). Der Strukturkennzahlenvergleich bildete die Grundlage für die spätere Interpretation der Ergebnisse sowie für die Definition von Größenclustern der Produktkennzahlen. So wurde beispielsweise der Kennzahlenvergleich für den Friedhofsbetrieb nach dem Bestattungsaufkommen oder die Grünpflege nach Größe der zu betreuender Grünfläche geclustert. Die Potenzialanalyse und -ableitung erfolgten dann spezifisch für das jeweilige Cluster.

 

  • Für die Potenzialermittlung bei den nicht durch Produktkennzahlen abgebildeten Aufgaben (z. B. Gebäudeinstandhaltung, Transporttätigkeiten oder sonstige Serviceleistungen im Rahmen von durch die Gemeinde organisierten Veranstaltungen) wurden inputbezogene Kennzahlen wie Aufwand je Fahrzeug, Fahrzeuge je Mitarbeiter, Nettoarbeitszeit der Mitarbeiter oder Vergütung je Mitarbeiter ermittelt. Diese Kennzahlen wurden des Weiteren für die Plausibilisierung der Ergebnisse des produktbezogenen Kennzahlenvergleichs herangezogen.

„Die Stadt Beerfelden hat sich im Jahr 2018 mit den Gemeinden Rothenberg, Hesseneck und Sensbachtal zur Stadt Oberzent zusammengeschlossen. Die Bauhofprüfung in der Stadt Beerfelden lieferte zahlreiche Informationen, die auch für die zukünftige Organisation der betrieblichen Bereiche der Stadt Oberzent von Bedeutung sind.“
Christian Kehrer, Projektleiter der Stadt Oberzent für die Fusion der Vorgängergemeinden

In Ergänzung zu den über den Kennzahlenvergleich ermittelten Ansatzpunkten und Optimierungspotenzialen identifizierten wir weitere Handlungsbedarfe auf den Bauhöfen. So wurden

  • die Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Steuerung, insbesondere die Unterstützung durch Softwareanwendungen,
  • die Verbesserung der Dokumentation und Fortschreibung des zu betreuenden Anlagenbestands, insbesondere der zu betreuenden Grünflächen,
  • die Einführung der Erfassung bzw. Verbesserung der Zuordnung der Einsatzstunden des Fuhrparks zu den einzelnen Bauhofprodukten,
  • die Implementierung eines systematischen Instandhaltungsmanagements sowie
  • die Einführung von auf Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen basierenden Make-or-Buy-Strategien

in die Handlungsempfehlungen an die Bauhöfe aufgenommen.

Die vollständigen Ergebnisse der Prüfung sind im Kommunalbericht 2017 des Hessischen Rechnungshofs veröffentlicht (S. 9-10 und 150ff.).

Die vergleichende Prüfung der Bauhöfe verdeutlichte, dass eigene Mitarbeiter Aufgaben, die eine hohe Einsatzbereitschaft und Flexibilität erfordern oder für die eine ausgeprägte Orts- und Anlagenkenntnisse erforderlich sind, zweckmäßiger und wirtschaftlicher ausführen können als externe Anbieter. Darüber hinaus kann ein eigener Bauhof für die Kommune als Regulativ für die Preisbildung der Marktanbieter dienen. Voraussetzung ist die gleiche Effizienz wie bei den Privatbetrieben. Dies erfordert unter anderem

  • leistungsfähiges, erfahrenes Personal mit einem aufgabenadäquaten Qualifikationsmix,
  • eine wettbewerbsfähige Nettoarbeitszeit,
  • einen funktionsfähigen und ausgelasteten Fahrzeug- und Maschinenpark,
  • eine angemessene bauliche Infrastruktur sowie
  • hinreichende Führungs- und wirtschaftliche Steuerungsinstrumente und
  • die genaue Kenntnis des zu betreuenden Anlagenbestands.

Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass eine vergleichende Organisationsuntersuchung hilfreich ist, um auf andere Bauhöfe übertragbare Einzelfalllösungen zu identifizieren und den übrigen Vergleichs­teil­nehmern vorzustellen. So hatte die Gemeinde Oberweser bei der Vergabe von Grünflächen­pflege­arbeiten Vergabelose definiert. Die Lose fassten für Externe attraktive Großflächen und weniger attraktive Kleinflächen zusammen. Dadurch konnte ein Verbleib der arbeitsintensiven Kleinflächen im Leistungsbereich des Bauhofs in zahlreichen Fällen abgewendet werden.

Die durchgeführte Bauhofuntersuchung wird für die Teilnehmer der vergleichenden Prüfung auf frei­williger Basis fortgeführt. Dazu wird die im Rahmen der Prüfung ermittelte Datenbasis kontinuierlich fortgeschrieben und sukzessive um weitere Bauhöfe erweitert. Dies ermöglicht den am Benchmark beteiligten Kommunen eine regelmäßige Erfolgs- und Wirtschaftlichkeitskontrolle ihrer eigenen Tätigkeiten. Zudem können die für weitere Bauhöfe in separat durchgeführten Untersuchungen ermittelten Wirtschaftlichkeitspositionierungen mit dem vorliegenden Datenpool verglichen werden und bieten auch diesen Kommunen eine vergleichende Bewertung ihres Bauhofs.

05. September 2017